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KOLUMNE
TEXT: IRIS MAY
EIN HOCH AUF
DEN HERBST!
DAS SPÄTE JAHR IST DIE LIEBLINGSSAISON UNSERER AUTORIN. WARUM NICHT FRÜHLING,
SOMMER ODER WINTER? WEIL DER HERBST SO HERRLICH POETISCH IST …
Es soll ja Menschen geben, die finden noch zwei südlichere Tage / dränge sie
alles außer Sommer doof. Und dann zur Vollendung hin, und jage die letzte
gibt’s noch die Skifahrer mit ihrem Süße in den schweren Wein.“
Winter und die Gärtner mit ihrem Das Schöne am Neuen Wein ist ja, dass
Frühling. Und ich? Bin Herbst-Fan! er überhaupt nicht schwer ist, sondern
Vielleicht ja sogar der allergrößte zwi- so federleicht, wie ich mich gerade
schen Philippsburg und Bühlertal … fühle. Auch wenn ich vielleicht in die-
Endlich muss ich nicht mehr Rasen sen Tagen etwas aufgebläht wirke. Zu
mähen! Vorbei ist auch die Zeit, als viel Zwiebelkuchen? Aber nein! Dass
die Sonne gnadenlos auf uns herunter- dieser Eindruck entsteht, liegt an mei-
brannte. Dafür werden jetzt wieder nen Manteltaschen. Die sind so prall
Pilze gesammelt und bunte Kürbisse gefüllt wie die vollen Backen eines
in allen Formen gekauft. Und ach, wie deinen Schatten auf die Sonnenuhren / Eichhörnchens. Mit wunderschönen
schön ist dieser milde Wind, der die und auf den Fluren lass die Winde los.“ Kastanien und Eicheln. Die brauche
bunten Blätter der Baumkronen über ich, um daraus Kastanienhunde und
mir rascheln lässt. Und dann noch die- Für Poeten und Poesieliebende wie Fantasiemännchen zu bauen, mit igeli-
se Farben! „Rote Blätter fallen / graue mich ist der Herbst jedenfalls wie ge- gen Hüten und trolligen Eichelkappen.
Nebel wallen“ – oder wie hieß das noch schaffen. Auch, weil ich auf dem Weg Gebastelte Herbstpoesie, sozusagen.
gleich in dem Lied? Wie schön! zur Arbeit in der Tram Platz nehmen
und gemütlich eines der neuen Bücher Braucht’s noch mehr Gründe, um diese
Geht es Ihnen eigentlich auch so, dass lesen kann, die so zahlreich in diesen Jahreszeit zu lieben? Bei so viel posi-
Sie der Herbst poetisch werden lässt? Wochen erscheinen. Und am Abend tiven Gefühlen kann einem ja sogar
Kein Wunder, dass diese Jahreszeit treffe ich mich dann mit Freunden zu die dauertriefende Nase egal sein. Also
Dichter und Songschreiber in aller Neuem Wein und Zwiebelkuchen. Die ab nach Hause und ’ne Pilzpfanne ko-
Illustration: www.stock.adobe.com/strichfiguren.de
Welt bereits seit Jahrhunderten immer Promille sind ja egal, denn den Weg zu chen. Danach setze ich mich aufs Sofa
wieder aufs Neue inspiriert – Rilkes Bus und Tram finde ich. Im Geiste gehe und lese ein Buch. Im Hintergrund
„Herbsttag“ ist sicherlich eines der be- ich die wundervollen Zeilen Rilkes läuft schon das erste Lied meiner
rühmtesten Gedichte dazu. „Herr, es ist noch einmal durch: „Befiehl den letz- Herbst-Playlist: „November Rain“ von
Zeit. Der Sommer war sehr groß / Leg ten Früchten, voll zu sein / gib ihnen Guns N’ Roses …
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