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AUSFLUGSZIELE









                                                  TEXT: IMKE ROSEBROCK
                    AM ANFANG WAR






                      DIE SCHÖNHEIT










                         VOM URKNALL DURCH DIE URSUPPE BIS NACH KARLSRUHE: EINE

                     AUSSTELLUNG IM ZKM LÄSST WISSENSCHAFT UND KUNST GEMEINSAM
                          AUF DIE ANFÄNGE DES LEBENS BLICKEN. GUT SIEHT DAS AUS!






                         ie gesamte Erdgeschichte auf einem   bern. Oder gerahmte Lasergravuren, die in
                         20 Meter langen Streifen: Von der Ent-  goldbraunen Tönen die Welt der Mikroorga-
                         stehung unseres Planeten vor mehr als   nismen sichtbar machen. Der Medien-Mix ist
                   D 4,5 Milliarden Jahren bis zum Erschei-  bunt: mit chemisch erzeugten Klanginstalla-
                   nen des Homo sapiens sind es hier auf dem   tionen, Bildschirmfahrten durch die Ursuppe,
                   Fußboden des Karlsruher Zentrums für Kunst   computersimulierten zellulären Wachstums-
                   und Medien ungefähr 19,97 Meter. Erst auf   prozessen, bei denen kleinste Veränderungen
                   dem allerletzten kleinen Zipfel des Zeitstrahls   des Algorithmus große Auswirkungen haben.
                   taucht der moderne Mensch auf, 200 000 Jahre
                   ist das gerade mal her – ein Wimpernschlag …   Und was wird morgen sein?
                   Mit diesem Einstieg in die Ausstellung „The   So werden mit dem (künstlerischen) Blick in
                   Beauty of Early Life“, mit dem Wissen um   die  Vergangenheit  und auf die Grundprinzi-
                   die mächtigen Naturkräfte und die ungeheu-  pien der Natur auch die engen biologischen
                   ren Zeitspannen, in denen sie wirkten, bege-  Zusammenhänge deutlich, in denen sich die
                   ben sich die Besucher*innen des Karlsruher   Artenvielfalt auf der Erde entwickelt. Prof. Dr.
                   ZKM auf eine Reise durch die Anfangszeit des   Norbert Lenz, Direktor des Naturkundemu-
                   Lebens: 200 wissenschaftliche Ausstellungs-  seums in Karlsruhe, das gemeinsam mit dem
                   stücke, darunter 3,5 Milliarden Jahre alte Mi-  ZKM die Ausstellung konzipiert hat, bringt
                   neralienfunde, gold schimmernd, rot, silbern.   unsere resultierende Aufgabe auf den Punkt:
                   Oder  Fossilien von Gliederfüßern  oder  auch   „Die Vorfahren unserer heutigen Biodiversität
                   Algen – um die 500 Millionen Jahre alt.   benötigten Hunderte von Millionen, manche
                   Doch die Vielfalt des frühen Lebens beschäf-  gar Milliarden Jahre für ihre Entstehung – un-
                   tigt nicht nur Forscher*innen, sondern birgt   fassbare Zeiträume, die uns an der Schwelle
                   mit ihren Formen ganz eigene ästhetische Rei-  zu einem weltweiten Massenaussterben moti-
                   ze – und findet sich in zahlreichen gezeigten   vieren sollten, uns mehr und vor allem besser


                   Kunstwerken wieder: in filigranen Glasskulp-  um diese  biologische Vielfalt zu kümmern,
                   turen etwa, deren Form auf präkambrische   damit das Leben auf der Erde nicht nur eine
                   Weichkörpertiere zurückgeht – und die im   spannende Vergangenheit, sondern auch eine
                   Dunkeln mit wundersamem Leuchten bezau-   Zukunft hat.“

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