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Drei Männer in Anzügen stehen vor dem Karlsruher Schloss
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Arbeitsmarktsituation stellt ÖPNV-Branche vor große Herausforderungen

Sicherer Arbeitsplatz und gute Bezahlung: Auch die Nahverkehrsbranche wirbt intensiv um neue Fachkäfte.

Ob in der Pflege, in Kitas, der Gastronomie oder im Handwerk: Der Fachkräftemangel in Deutschland hat weiter zugenommen. Mittlerweile fehlt nach Angaben der Agentur für Arbeit in jedem sechsten Beruf qualifiziertes Personal. Auch an den Unternehmen der Nahverkehrsbranche geht diese Entwicklung nicht spurlos vorbei. „Die Arbeitsmarktsituation, die sich durch die demographische Entwicklung in den nächsten Jahren noch verschärfen wird, stellt für alle Verkehrsunternehmen eine strategische Herausforderung dar und gefährdet die Ziele der Verkehrswende“, erklärt Stephanie Schulze, Personalchefin der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) und Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG).

Bis 2030 werden in der gesamten ÖPNV-Branche laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) rund 80.000 Beschäftigte der so genannten „Baby-Boomer-Generation“ in den Ruhestand gehen. Für die Verkehrswende, die eine Verdoppelung des ÖPNV bis zum Ende der Dekade vorsieht, werden weitere 110.000 neue Arbeits- und Fachkräfte benötigt, prognostiziert der VDV. „Nur wenn es gelingt, diesen Fachkräftebedarf zu decken, wird die Mobilitätswende gelingen und der Verkehrssektor seine Klimaschutzziele erreichen können“, macht Schulze deutlich.

Busfahrer*innen werdend deutschlandweit dringend gesucht

Auch bei den beiden kommunalen Verkehrsunternehmen VBK und AVG treffen inzwischen sinkende Bewerberzahlen auf einen wachsenden Personalbedarf. Dies betrifft alle Unternehmensbereiche, von der Werkstatt, über die Bahnmeisterei bis hin zur Verkehrsplanung. Auch im Fahrdienst für den Bus-, Tram- und Stadtbahnverkehr spiegelt sich diese Entwicklung wider. So zählen Busfahrer*innen inzwischen bundesweit ganz offiziell zu den so genannten Engpassberufen, die die Agentur für Arbeit regelmäßig evaluiert und in einer Liste veröffentlicht. „Obwohl wir eine Wachstumsbranche sind, die sichere Arbeitsplätze, eine gute Bezahlung, attraktive betriebliche Zusatzleistungen sowie eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet, wird es zunehmend schwieriger, alle Plätze in unseren Ausbildungskursen für den Fahrdienst zu besetzen. Dadurch wird auch mittelfristig die Personaldecke dünner, um entsprechende Reservekapazitäten vorzuhalten, damit wir auf kurzfristige Personalausfälle adäquat reagieren können“, stellt Prof. Dr. Alexander Pischon, Geschäftsführer von VBK und AVG, die Personalsituation dar.

Während zahlreiche Verkehrsunternehmen in Deutschland in den vergangenen Monaten ihr Fahrplanangebot aufgrund knapper Personalressourcen bereits gezielt ausdünnen mussten, haben VBK und AVG ihr dicht getaktetes Mobilitätangebot mit Bus und Bahn weitestgehend aufrechterhalten. „Angebotskürzungen sind immer die Ultima Ratio. Aber mit Blick auf die Arbeitsmarktsituation, die sich in den nächsten Jahren nicht grundlegend ändern, sondern eher noch verschärfen wird, kann ein solches Szenario auch bei unseren Verkehrsunternehmen nicht mehr gänzlich ausgeschlossen werden“, sagt Prof. Dr. Pischon.

„Der Wettbewerb um Talente und Fachkräfte ist deutlich härter geworden“

Aktuell sind bei der VBK und AVG insgesamt 55 Stellen vakant ─ quer über alle Unternehmensbereiche hinweg. „Der Arbeitsmarkt hat sich von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Der Wettbewerb um Talente und Fachkräfte ist deutlich härter geworden. Dieser neuen Realität müssen wir uns stellen und haben unsere Strategien zur Personalgewinnung entsprechend angepasst, so dass offene Stellen möglichst schnell wiederbesetztwerden können“, so Schulze.

So haben AVG und VBK in den vergangenen Monaten ihre Recruiting- und Personalmarketingmaßnahmen deutlich intensiviert. Durch den Ausbau von Veranstaltungen wie der Digitalen Ausbildungsmesse und der Möglichkeit eines digitalen Praktikums und Bewerbungsmappen-Checks werden interessierten Bewerber*innen umfassende Informationen zu den Karrieremöglichkeiten im Unternehmen geboten. Zwei Mal pro Monat bieten VBK und AVG beispielsweise ein spezielles Online-Event an, bei dem Interessierte einen spannenden Einblick in die Tätigkeit als Straßenbahnfahrer*in oder Triebfahrzeugführer*in erhalten können. Zusätzlich werden Infoabende mit Ausbilder*innen und Teamleiter*innen angeboten, bei denen potentielle Fachkräfte von morgen mehr über die Ausbildungsinhalte erfahren oder schon mal selbst am Fahrsimulator eine Straßenbahn durch Karlsruhe steuern können.

Auch das Bewerbungsverfahren wurde deutlich verschlankt: Ein spezieller Bewerberbogen macht ein Anschreiben überflüssig und erleichtert Kandidat*innen die Kontaktaufnahme mit den Unternehmen. Mit groß angelegten Werbekampagnen wollen VBK und AVG die Attraktivität der Berufsfelder in den beiden ÖPNV-Unternehmen steigern und so neue Zielgruppen für einen Job in einer spannenden Branche begeistern. Hierzu trägt auch das „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“-Programm bei, beim dem die eigene Belegschaft als positive Botschafter*innen für VBK und AVG fungieren und attraktive Prämien für die erfolgreiche Empfehlung neuer Fachkräfte ausgelobt werden.

Auch mit innovativen Recruiting-Maßnahmen wie etwa der Bewerbertram oder dem preisgekrönten Modellprojekt zur Qualifizierung Geflüchteter zu Triebfahrzeugführern haben die beiden Verkehrsunternehmen schon erfolgreich neue Wege bei der Anwerbung von Fachkräften beschritten und konnten vor allem Quereinsteiger*innen aus anderen Berufsgruppen für eine Karriere im öffentlichen Nahverkehr begeistern. Denn die klimafreundliche Zukunft der Mobilität wird von Menschen gemacht – am Lenkrad, in den Werkstätten, im Service, bei der Planung neuer Bahnstrecken oder in der Verwaltung.

Bürokratische Hürden bei der Rekrutierung von ausländischen Fachkräften

Damit die Verkehrsunternehmen die Mobilitätswende mit qualifiziertem Personal stemmen können, sehen VBK und AVG auch den Gesetzgeber in der Pflicht: „Die Politik muss bestehende Zugangshürden zum Arbeitsmarkt abbauen. So wird der Fachkräftezuwanderung in den kommenden Jahren eine gesteigerte Bedeutung zukommen. Hier zielt die jüngste Novelle des Einwanderungsgesetzes in die richtige Richtung“, sagt Schulze. „Wir brauchen bei den Bus- und Bahnunternehmen alle helfenden Hände und klugen Köpfe. Deshalb müssen hier weitere Reformen folgen, damit in beschleunigten Verfahren Fahrpersonal mit Berufserfahrung aus Drittstaaten gewonnen werden kann. Führerscheine oder Berufsqualifikationen aus diesen Ländern müssen dazu schneller in der EU und Deutschland anerkannt werden. Ebenso müssen finanzielle Hürden für den Einstieg von Berufskraftfahrern gesenkt werden“, weist die Personalchefin von AVG und VBK auf die Dringlichkeit des Reformbedarfs für die Nahverkehrsbranche hin.

Mit zusammen rund 2.400 Mitarbeiter*innen zählen die VBK und AVG zu den größten Arbeitgebern in Karlsruhe und der Region. Informationen zu den attraktiven Karrieremöglichkeiten und Ausbildungsberufen bieten die VBK und AVG auf ihren Websites vbk.info/karriere und avg-karriere.info