Auch die Bahninfrastruktur in der Fächerstadt wird immer grüner: Die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) setzen bei der Gestaltung ihrer Bahntrassen im Stadtgebiet verstärkt auf Rasengleise. Damit leisten die VBK einen weiteren wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur hohen Lebensqualität vor Ort.
Insgesamt mehr als 33 Kilometer Rasengleis gibt es in Karlsruhe, zum Beispiel entlang der Südostbahn, Brauerstraße, Kaiserallee, in Rintheim, in der Nordstadt oder in Durlach-Aue. Inzwischen liegt ihr Anteil bei gut 23 Prozent. In den nächsten Jahren soll diese Quote weiter wachsen. „Begrünte Gleiskörper sind zunächst zwar deutlich kostenintensiver als herkömmliche Schottergleise, bieten aber eine Vielzahl an Vorteilen, so dass sich diese Investition lohnt“, macht Dr. Christian Homagk, Leiter der Instandhaltung Infrastruktur bei den VBK, deutlich. „Sie verbessern zum einen die Luftqualität, weil sie Schadstoffe und Feinstaub binden. Zudem sorgen sie für Abkühlung in heißen Sommermonaten, haben positive Auswirkungen auf den städtischen Wasserhaushalt, verringern die Lärmemission des Bahnverkehrs und bilden durch ihre Biodiversität einen wertvollen Lebensraum für Insekten und Kleinstlebewesen.“ Gleichzeitig haben begrünte Gleise eine ästhetische Komponente: Viele Bürger*innen empfinden die grünen Bänder als sehr wohltuend im Stadtbild, denn sie lockern die trennende Wirkung von grauen Verkehrsachsen auf.
Bei dem Rasen in den Schienenzwischenräumen und den Randbereichen des Gleiskörpers setzen die VBK auf eine spezielle Grasmischung, die mit geringer Feuchtigkeit und den hohen Temperaturen während der Sommermonate am Oberrhein zurechtkommt – und nach längeren Trockenperioden auch schnell wieder regeneriert, wie etwa nach den Gewitterschauern der letzten Tage.
Pflanzen binden Schadstoffe und sorgen für besseres Mikroklima
Die begrünten Gleisabschnitte tragen spürbar zu einer Verbesserung des Mikroklimas in den Stadtquartieren bei. So weist das umweltfreundliche Nahverkehrsangebot der VBK – die Trambahnen sind bereits seit vielen Jahren ausschließlich mit Ökostrom unterwegs und sparen so jährlich tausende Tonnen CO2 ein – auch beim Vergleich der Verkehrsinfrastruktur eine deutliche bessere Bilanz als der klima- und gesundheitsschädliche Autoverkehr auf. Die Pflanzen zwischen den Schienen binden Schadstoffe aus der Luft und reduzieren die Feinstaubbelastung in den Stadtquartieren. Zudem wandeln sie bei der Fotosynthese Kohlendioxid in Sauerstoff um und verstoffwechseln bestimmte Schadstoffe, die dadurch dauerhaft im wahrsten Sinne aus dem Verkehr gezogen werden.
Des Weiteren profitieren die Anwohner*innen entlang dieser Streckenabschnitte von der lärmmindernden Wirkung des Rasens zwischen den Schienen. Durch die Vegetation wird der Schall absorbiert, der durch vorbeifahrende Tram- und Stadtbahnen entsteht.
Pflanzen haben kühlende Wirkung an heißen Sommertagen
Positive Effekte lassen sich auch für Wasserspeicherung feststellen. Im Gegensatz zu versiegelten Flächen bindet Rasen im Schienenbereich 50 bis 70 Prozent des Regenwassers, so dass dieses nicht direkt, sondern entweder gleichmäßiger über einen längeren Zeitraum in die Kanalisation abfließt oder wieder verdunstet. Dies entlastet Abwasserkanäle und Kläranlagen, insbesondere bei Starkregenereignissen. Bei der Verdunstung des Wassers wird die Umgebungsluft gekühlt, was gerade in den heißen Sommermonaten eine wohltuende Wirkung für die Bürger*innen in den Stadtquartieren bedeutet. „Gleichzeitig verhindern die Pflanzen selbst, dass sich der Boden auch bei intensiver Sonneneinstrahlung stark aufheizt. Denn die Pflanzen speichern Temperaturen deutlich weniger als Schotter oder eine Asphaltschicht, die sich an heißen Tagen auf über 50 Grad Celsius aufheizen können. Die begrünten Gleisabschnitte und damit die Luft in den Straßen kühlen sich so auch nachts schneller wieder ab“, erklärt Dr. Homagk. Die verringerten Temperaturschwankungen im Gleisbereich wirken sich zudem positiv auf die Lebensdauer und den Zustand der Schienen aus und senken zum Beispiel das Risiko von Gleisschäden.
Rasengleise können nur auf bestimmten Streckenabschnitten angelegt werden
Das Anlegen einer begrünten Bahntrasse ist ein aufwändiger Prozess. Grundlage ist ein festes Fahrbahn-System, auf welchem die Schienen elastisch gelagert werden. Auf der festen Fahrbahn aus Beton wird ein Speichervlies ausgelegt. Anschließend kann das mehrere Zentimeter starke Substrat, auf dem der künftige Rasen wächst, eingebaut werden. Auch die Pflege eines Rasengleises ist aufwendiger als bei einem Schottergleis. Zwar müssen die begrünten Streckenschnitte nicht bewässert werden und eine Unkrautbekämpfung ist ebenfalls nicht notwendig. Aber je nach Witterung muss der Rasen bis zu fünf Mal im Jahr gemäht werden.
Eine Begrünung kommt aber nur dort infrage, wo die Trambahnen der VBK exklusiv auf gesonderten Bahnkörpern unterwegs sind und sich den Verkehrsraum nicht mit Autos, Bussen oder Fahrrädern teilen müssen. Auch an Orten, wo der Schattenwurf von umliegenden Gebäuden das Wachstum der Pflanzen verhindert, ist das Anlegen eines Rasengleises nicht möglich.
Die Begrünung von Gleisabschnitten wird in der Regel immer dann vorgenommen, wenn ein Streckenabschnitt wegen Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen für einen längeren Zeitraum für den Bahnverkehr gesperrt ist – etwa 2022 beim barrierefreien Umbau von Haltestellen in der Rheinstrandsiedlung – und diese Begrünung mit Blick auf die Nutzungsdauer vorhandener Gleisanlagen auch wirtschaftlich vertretbar ist. Die Stadt Karlsruhe trägt die Mehrkosten bei der Errichtung von grünen Gleiskörpern, die mehr als doppelt so teuer sind wie herkömmliche Schottergleise.
Bei Neubaustrecken wird ohnehin versucht, diese Form der Gestaltung zu realisieren, sofern es die örtlichen Gegebenheiten zulassen. Jüngste Beispiele hierfür sind die neue Bahntrasse in der Kriegsstraße, der verlängerte Streckenabschnitt nach Knielingen Nord, der ganz frische Lückenschluss in der Kaiserallee im Abschnitt zwischen Yorck- und Händelstraße oder die Planungen zur Modernisierung der Bahninfrastruktur in Daxlanden, die ab 2024 umgesetzt werden soll. Hierbei soll der Abschnitt zwischen Waidweg und Hammweg begrünt werden. „Die klimaneutrale Verkehrswende im ÖPNV findet in Karlsruhe nicht nur auf, sondern auch zwischen den Schienen statt“, macht Dr. Homagk deutlich.